Samstag, 24. Januar 2009
 
Mit ASEM auf Asiens Märkte PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Stefan Meisterle   
Freitag, 8. Juni 2007

Als „Generalprobe“ (Spiegel, Die Zeit, FAZ) und „Warmlaufen für den G8-Gipfel“ (Stern) bezeichneten deutsche Medien das am 28. und 29. Mai in Hamburg abgehaltene Asia-Europe Meeting (ASEM). Im Windschatten des G8-Gipfels konnte die EU im Rahmen dieses Treffens, auf dem per definitionem keine verbindlichen Abkommen geschlossen werden, dennoch ihre machtpolitischen Ambitionen in Asien geltend machen.

Ein regelmäßiger Dialog zwischen hochrangigen Politikern aus europäischen und asiatischen Ländern wäre ja an sich keine schlechte Idee – wenn er denn auf gleicher Augenhöhe stattfinden würde. Dass die seit 1996 alle zwei Jahre stattfindenden Außenministertreffen und die häufiger auf anderen Ebenen organisierten Zusammenkünfte jedoch vor allem unter dem Einfluss der handelspolitischen Agenda der EU stehen, war schon vor der diesjährigen zweitägigen Versammlung in Hamburg klar.

Zwar gibt sich das ASEM nach außen hin den Anschein, sich in den Dienst eines politischen, sozialen und kulturellen Dialogs zwischen zwei Kontinenten zu stellen; tatsächlich waren und sind die Beweggründe Europas bei dieser Initiative jedoch primär ökonomischer Natur. So erinnerte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier in seiner Eröffnungsrede zum diesjährigen ASEM unmissverständlich an den Stellenwert dieser Veranstaltung: „Im Asia Europe Meeting repräsentieren wir zusammen genommen rund 50% des Welt-BIP, 58% der Weltbevölkerung und 60% des Welthandels.“

Europas ökonomisches Interesse

Die europäischen Ambitionen in Asien gründen sich in erster Linie auf die exportorientierte wirtschaftliche Struktur Europas. Als größte Handelsmacht der Welt verfolgt die EU zumindest ebenso vehement wie die USA die Deregulierung und Liberalisierung asiatischer Märkte. In vorderster Front stehen dabei Deutschland und Frankreich, jene Länder, die bereits im Vorjahr als treibende Kräfte hinter der Ausformulierung der neuen Handelsstrategie „Global Europe: Competing in the World“ fungierten. In Form von ergänzenden, über die WTO-Abkommen hinausgehenden Freihandelsverträgen mit einzelnen Staaten und Wirtschaftsräumen soll der europäischen Wirtschaft der Zugang zu den Märkten des Südens erleichtert werden. In erster Linie konzentriert man sich dabei auf Asien, weshalb auch dem ASEM eine gewichtige Rolle in der Außenhandelsstrategie Europas zukommt. Speziell in den gegenwärtig dynamischen Volkswirtschaften Chinas und Indiens, auf die europäische Unternehmen unterschiedlicher Größenordnungen drängen (daher auch die Zielsetzung des ASEM, das „small and medium-sized businesses“ zu begünstigen), will Europas seinen Einfluss ausbauen.

Ein weiteres zentrales Anliegen, das die EU im ASEM zu verwirklichen trachtet, ist die Promotion des Euro, um langfristig dem Dollar als globaler Leitwährung zumindest in Asien den Rang abzulaufen. Konkret soll der Warenaustausch mit Europa und insbesondere der Handel mit Erdöl und Erdgas in Euro abgewickelt werden, doch auch die Umstellung eines Teils der chinesischen Währungsreserven auf Euro ist als Ausdruck dieser europäischen Strategie zu werten.

Kultureller Dialog als Feigenblatt

Da angesichts dieser Entwicklungen die Kritik auch in Europa zunehmend lauter wird – und die Proteste gegen die diesjährigen Versammlung also keineswegs nur als Vorbereitung für den G8-Gipfel zu betrachten sind – verstehen sich die Veranstalter darauf, den informellen Charakter der ASEM-Initiative hervorzukehren. Politische, ökologische, wissenschaftliche, soziale und vor allem kulturelle Themen werden vorgeschützt, die eigentlich dominante ökonomische Komponente des ASEM wird hingegen kaum kommuniziert. Folglich wissen auch die Medien über das diesjährige Treffen wenig mehr zu berichten, als dass keine Einigung in ökologischen Fragen erzielt werden konnte und ebensowenig andere konkrete Beschlüsse gefasst wurden. Lediglich in Bezug auf das atomare Programm des Iran und Nordkoreas Aufrüstung konnte eine gemeinsame Linie gefunden werden. Dass man in Fragen der militärischen Aufrüstung an einem Strang zieht, beweist im übrigen auch der Besuch des deutschen Verteidigungsministers Franz Josef Jung in Indien. Brisant der Auftrag: der Verkauf deutscher U-Boote an das indische Defence Ministry; verräterisch der Zeitpunkt: 6 Tage nach Ende des ASEM.

Weiterführende Links:
http://www.gerechtigkeit-jetzt.de/index.php? =257&Itemid=132
http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56862

DAZ-Bericht über die Proteste gegen den ASEM:
http://www.dieanderezeitung.at/index.php? =880&Itemid=80


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